So hab ich das noch nie betrachtet. Als ich vergangenes Wochenende meine Partnerin aus purer Wiedersehensfreude in die Arme schloss und dabei über ihre Schulter blickte, fiel mir zum ersten Mal das Modell ihrer Armbanduhr auf. Das ist ja eine Casio F-91 W. In amerikanischen Militärkreisen das untrügerische Statussymbol für potenzielle Terroristen. Existierte da etwa eine dunkle Seite an ihr, die ich nicht kannte?
Casio F-91 W: Zeitloser Klassiker seit mehr als 30 Jahren
Ich musste mir das mal genauer anschauen. Sie trug ja schon immer seit unsrer ersten Begegnung Armbanduhren. Besonders viel Aufmerksamkeit schenkte ich daher Ihrer Casio F-91 W nie. Die 38,20 mm x 33,20 mm x 8,50 mm große Resin-Quarzuhr in schwarzer Optik wirkt schließlich auf den ersten Blick nicht besonders edel. Böse Zungen behaupten sogar, in dieser schlichten Aufmachung könnte die 21 g schwere Uhr auch aus jedem Kaugummiautomaten stammen.
Für einen echten Hingucker reicht auch das gewöhnliche Resin-Armband mit der Dornschließe nicht aus.
Auf den ersten Blick wirkt das gesamte Modell so, als wäre die Armbanduhr simpler Industriestandard ohne besondere Highlights. Umso erstaunlicher, dass die Casio F-91 W zu den meistverkauftesten Armbanduhren der Welt gehört.
Verkaufsschlager ganze ohne Werbekampagne
Was macht diese Armbanduhr bei den Verbrauchern nur so beliebt? Die Antwort ist verblüffend simpel: Die Uhr erfüllt einfach in allen Lebenslagen ihren Zweck. Die digitale Uhrzeitanzeige läuft und läuft und läuft…
Der japanische Hersteller hat dieses Modell auf einige wenige Funktionen beschränkt und diese in seiner Bedienweise benutzerfreundlich gestaltet.
Die Knöpfe zum Einstellen der
- digitalen Uhrzeitanzeige
- der Alarmfunktion/des Weckers
- Stoppuhr
- Beleuchtung in der Dunkelheit
- automatischen Kalenderfunktion mit Datum, Monat und Wochentag
befinden sich alle rechts und links neben dem Display. In der über 30-Jährigen Zeit, die das Modell auf dem Markt ist, hat Casio bislang immer drauf verzichtet, die F-91 W mit aufwendigen Werbekampagnen in Szene zu setzen.
„Das Ding ist ein Selbstläufer!“, erklären Marktbeobachter. Ein erschwinglicher Preis von knapp 15 Euro, eine langlebige Batterie (mindestens 7-8 Jahre) und eine wasserdichte Uhr, mit der man notfalls baden gehen kann, sprechen sich eben rum. Selbst schwere Stürze übersteht die CF-91 W problemlos.
Abgestempelt: F-91 W macht Dich zum Terroristen
Da sollte sie dann doch eigentlich auch Angriffen des amerikanischen Militärs standhalten. Möchte man meinen. Für die US-Militärs ist der Besitz einer schwarzen Casio F-91 W oder der silberfarbenen Variante A-159 W ein untrügerisches Erkennungszeichen für einen potenziellen Terroristen.
„Diese Leute haben an einem Al-Qadia Training mit unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen teilgenommen!“, heißt es deren Berichten zufolge. In einem 17-seitigen Katalog unter dem Namen „Joint Task Force“, der als Leitfaden zur Identifikation potentieller Terroristen dienen soll, wird exakt aufgelistet, welche persönlichen Gegenstände jemand besitzen muss, um als Terrorverdächtiger geführt zu werden.
Von 100 Dollar Scheinen, Satelittentelefonen und eben dieser Uhr ist da die Rede.
Bombastisch: Die Casio F-91 W?
Selbst Amerikas Staatsfeind Nr. 1 Osama Bin Laden hätte die Casio F-91 W besessen. Die Uhr würde an Terror-Azubis in afghanischen Trainingslager als Begrüßungsgeschenk verteilt. Dort lernt man dann, wie man mithilfe eines Zeitzünders einen Sprengsatz bastelt.
Informationen aus erster Hand dank der Casio F-91 W?
Es klingt abenteuerlich und man fragt sich woher das amerikanische Militär diese Informationen bezieht. „Man muss nur die richtigen Fragen an die richtigen Leute stellen!“ Zum Beispiel an Gefangene des Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center richtete George Bush 2002 das Lager ein. Terrorverdächtige landen seitdem immer wieder hier und sollen auspacken über Hintergründe und Strukturen von Terrorzellen.
Dass dabei zum Teil skurrile Geschichten die Runde machen, ist kein Wunder. Über die brutalen Verhörmethoden der CIA in Guantánamo ist rund um das Jahr 2009 eine hitzige öffentliche Debatte entbrannt. Wenn ein Gefangener also scheinbare Insider- Informationen über eine Terrorzelle in London ausplaudert und dabei einen Terroristen benennt, der zum fraglichen Zeitpunkt 11 Jahre alt war, dann darf an der Glaubwürdigkeit solcher Aussagen gezweifelt werden. Noch dazu, wenn dieser Junge aus Saudi Arabien kommt und niemals in London war.
Ob fragwürdige (Folter-) Methoden auch zur Aussage von Gefangenen geführt haben, dass die Casio F-91 W als Bombenbau-Uhr in Terrorlagern herhalten musste, steht bis heute im Raum. Denn wen man mit dieser Uhr Bomben bauen kann, dann mit anderen sicher genauso gut.